Nationalfeiertag der Schweiz
Der 1. August rückt näher und damit der Nationalfeiertag der Schweiz. Zu den alljährlichen 1. August-Feiern gehört auch das Singen des in diesem Jahr seit 50 Jahren offiziell anerkannten Schweizer Psalms. Das Jubliäum könnte Anlass dazu sein, sich wieder mal mit dem Text unserer Nationalhymne zu befassen. Unter anderem ist er auf der Homepage der Schweizerischen Eidgenossenschaft oder unter www.schweizerpsalm.ch zu finden. Dort findet sich auch die Geschichte zur Entstehung des Werkes. Der Einfachheit halber füge ich den heute gängigen Text auch hier ein.
1. Strophe
Trittst im Morgenrot daher,
seh’ ich dich im Strahlenmeer,
Dich, Du Hocherhabener! Herrlicher!
Wenn der Alpen Firn sich rötet,
betet, freie Schweizer! Betet!
Eure fromme Seele ahnt,
eure fromme Seele ahnt
Gott im hehren Vaterland,
Gott, den Herrn, im hehren Vaterland.
2. Strophe
Kommst im Abendglühn daher,
find’ ich dich im Sternenheer,
Dich, du Menschenfreundlicher, Liebender!
In des Himmels lichten Räumen
kann ich froh und selig träumen.
Denn die fromme Seele ahnt,
denn die fromme Seele ahnt
Gott im hehren Vaterland,
Gott, den Herrn, im hehren Vaterland.
3. Strophe
Ziehst im Nebelflor daher,
such’ich Dich im Wolkenmeer,
Dich, du Unergründlicher, Ewiger!
Aus dem grauen Luftgebilde
tritt die Sonne klar und milde,
und die fromme Seele ahnt
Gott im hehren Vaterland,
Gott, den Herrn, im hehren Vaterland.
4. Strophe
Fährst im wilden Sturm daher,
bist du selbst uns Hort und Wehr!
Du allmächtig Waltender! Rettender!
In Gewitternacht und Grauen
lasst uns kindlich ihm vertrauen.
Ja, die fromme Seele ahnt,
ja die fromme Seele ahnt
Gott im hehren Vaterland,
Gott, den Herrn, im hehren Vaterland.
(kursiv gedruckt „den Herrn“, d.h. heutige Fassung mit leichter ausführbarem Schluss)
Mich freut jeweils, mit welcher Hingabe die Hymne in einigen Ländern gesungen wird, nicht nur am jeweiligen Nationalfeiertag sondern z.B. auch bei Sportanlässen oder Siegerehrungen. Wird die Schweizer Hymne gesungen, ist bestenfalls ein Gebrummel zu hören und die Singenden wirken eher teilnahmslos. Liegt es an fehlendem Temperament, Singvermögen oder Selbstbewusstsein? Oder liegt es am Schweizer Psalm selbst und damit an der Tatsache, dass darin auch Gott gedankt wird? Das ist eben nicht trendy und wird immer wieder kritisiert. Schämen wir uns etwa dafür, dass wir nicht hinausposaunen, welch tolle Konsumgesellschaft wir im Lande der Berge und Seen geschaffen haben? Aber dafür muss doch nicht der Schweizer Psalm hinhalten.
Dazu dienen doch die Ansprachen. Es ist angesichts der bevorstehenden Wahlen zu erwarten, dass es dieses Jahr einige PolitikerInnen mehr als sonst schon nicht verkneifen können, hier das Laudatio auf alles (von ihnen und nicht von anderen) Erreichte und noch nicht Erreichte anzusetzen. Unter diesem Aspekt würde ich – wenn schon – lieber eine Feier besuchen, wo kein Selbstlob-Politiker die Rede hält.
Nebst den immer wieder eindrücklichen 1. August-Feuern bilden immer mehr Feuerwerke und eine ohrenbetäubende Knallerei den Abschluss unseres Nationalfeiertages und wir übernehmen damit ganz unschweizerische Traditionen – made in china, nicht nur die Feuerwerks- und Knallkörper sondern auch die Tradition: Mit der nächtelangen Knallerei während der chinesischen Neujahrsfeierlichkeiten wird einerseits das böse und menschenfressende Nian-Monster vertrieben, welches zum Jahresbeginn aus dem Meer aufsteigt; anderseits verspricht der unermessliche Lärm Reichtum nach dem Motto „je mehr Geld für Feuerwerk und Knallkörper ausgegeben wird, desto mehr wir im kommenden Jahr verdient“. Die Schweiz hat weder ein Meer noch ist es nötig, dass unser Land materiell immer reicher wird: aber geknallt bis zum geht-nicht-mehr wird trotzdem. Ich bin auf alle Fälle jeweils froh, wenn die sinnlose Chlöpferei aufhört.
Wie unschwer zu erkennen ist, gehen auch bezüglich Nationalfeiertag die Meinungen auseinander. Streiten nützt da nicht viel. Wäre es daher nicht ratsam, den Fokus auf das zu richten, was uns verbindet statt auf das, was uns trennt? Auch am Nationalfeiertag!
